Unter Hausnotruf (auch: Rufhilfe, Heimnotruf (Österreich), Notruf-System (Schweiz), Seniorenalarm, Seniorennotruf) versteht man ein auf der Telefontechnik basierendes System, das es alleinstehenden alten oder behinderten Menschen erleichtert, in Notfällen Hilfe zu rufen. Den Betroffenen wird dadurch ermöglicht, länger in ihrer Wohnung zu leben und dennoch die Sicherheit zu haben, notfalls nicht auf rasche Hilfe verzichten zu müssen. Auslöser des Alarms ist üblicherweise ein tragbarer Notrufsender, kann aber etwa auch ein Sensor sein, der auf Sturz reagiert. Nach Angaben des Bundesverbandes Hausnotruf gab es 2006 in ca. 350 deutschen Städten solche Anbieter, die auf eines der ca. 180 Callcenter aufgeschaltet sind. Damit wurden ca. 350.000 Nutzer versorgt. In der Schweiz gehen Schätzungen davon aus, dass rund 50'000 Notruf-Geräte im Einsatz sind.
Das Rufhilfe-System besteht aus einem Notrufsender, der wie eine Armbanduhr am Handgelenk oder als Medaillon um den Hals getragen wird und mit einer Taste als Auslöser für den Gesprächsverbindungsaufbau versehen ist. Dieser Geräteteil wird auch Funkfinger genannt. Es besteht weiterhin aus einer Basisstation, die an das Telefon angeschlossen ist und eine äußerst empfindliche Freisprecheinrichtung enthält. Die Geräte sind dabei so ausgelegt, dass bestehende Telefongespräche oder Verbindungen unterbrochen werden und ein Notruf über das Gerät unverzüglich und automatisch abgesetzt werden kann (Aufschaltung über die Basis-Station). Dabei werden zuvor einprogrammierte Telefonnummern in einer festgelegten Reihenfolge angewählt.
Mittlerweile gibt es neben der Handtaste (Notrufsender) auch verschiedene andere Auslösearten (Fallsensor, Rauchmelder, Bewegungsmelder). Durch die Freisprecheinrichtung wird erreicht, dass auch die entfernt vom Basisgerät gestürzte Person mit dem Gesprächspartner (Angehörige, Notruf-Zentrale) ohne Telefonhörer oder Handy sprechen kann. Es ist eine Vielzahl von Geräten erhältlich, die über analoge Anschlüsse, digitale ISDN-Anschlüsse oder Breitbandanschlüsse angeschlossen werden können. Die Geräte ermöglichen ein hohes Maß an Sicherheit, da diese über Akkus selbst im Falle eines Stromausfalls funktionieren. Es gibt auch Geräte mit integriertem GSM-Modul, die unabhängig von einem Festnetzanschluss funktionieren.
Einschränkungen
Da viele Telekommunikationsanbieter dazu übergegangen sind, Festnetzanschlüsse nicht mehr unter Verwendung leitungsvermittelter Technik anzubieten, bei der die Stromversorgung des Anschlusses durch die Vermittlungsstelle (Fremdspeisung) erfolgt, sondern über IP-basierte NGN-Technik, ist ein ausfallsicherer Betrieb von Notrufeinrichtungen an diesen Anschlüssen nur eingeschränkt möglich, sofern das Endgerät vom NGN-Anschluss unterstützt wird. Zur Absicherung kann in diesem Fall meist ein GSM-Erweiterungsmodul eingesetzt werden, das den Notruf über das Mobilfunknetz aufbaut. Das Deutsches Rotes Kreuz bietet mittlerweile auch den Hausnotruf für Voice-over-IP Telefonanschlüsse an.
Aktiver Hilferuf: Im Notfall, beispielsweise nach einem Sturz oder bei plötzlich auftretenden Beschwerden, kann der Benutzer durch einfachen Druck auf den Notrufknopf einen Hilferuf absetzen, ohne das Telefon erreichen zu müssen.
In der Leitstelle des Rufhilfe-Betreibers (in Österreich meist Rettungsorganisationen sowie auch private Bewachungsunternehmen, in Deutschland Hilfsorganisationen oder private Betreiber, in der Schweiz Hilfsorganisationen und private Anbieter) geht daraufhin ein Notruf ein und die Daten des Betroffenen (Adresse, Vorerkrankungen, Angehörige) werden angezeigt.
Durch die Freisprecheinrichtung in der Basisstation kann der Mitarbeiter des Rufhilfe-Betreibers mit dem Benutzer sprechen, um die Art und Schwere des Notfalles abzuklären und weitere Maßnahmen zu besprechen.
Dediziertes Einsatzfahrzeug für den Hausnotruf (PKW): Je nach Organisation des Dienstes und Art der erforderlichen Hilfeleistung können nun Angehörige oder Nachbarn informiert werden. Ist kurzfristig kein vertrauter Mensch erreichbar, wird bei vielen Hausnotrufanbietern ein eigener Bereitschaftsdienst gerufen. Sofern erforderlich werden auch Pflegedienste oder Hausarzt etc. benachrichtigt oder der Rettungsdienst alarmiert. Je nach Anbieter ist das System nicht nur für Notfälle gedacht, sondern wird auch dafür genutzt, Einkaufs- oder Putzhilfen bequem per Knopfdruck zu rufen.
In der Regel ist beim Hausnotrufbetreiber oder bei einem Nachbarn ein Schlüssel hinterlegt, so dass ein Betreten der Wohnung auch dann möglich ist, wenn der Bewohner selbst nicht öffnen kann. Die Schlüssel werden in einem Tresor aufbewahrt und sind nur mit Nummern gekennzeichnet, so dass ein Missbrauch ausgeschlossen ist.
Passiver Hilferuf: Zusätzlich zu diesem „aktiven Alarm“ gibt es noch die Möglichkeit des „Passivalarms“ (auch „Sicherheitsuhr“ genannt), nach dem Prinzip einer sogenannten Totmanneinrichtung: An der Basisstation befindet sich eine Taste, die vom Benutzer regelmäßig betätigt wird. Er bestätigt damit, dass es ihm gut geht. Sollte diese Bestätigung über einen längeren Zeitraum (meist etwa 24 Stunden) ausbleiben, wird telefonisch Kontakt aufgenommen oder in der Wohnung nachgesehen, ob alles in Ordnung ist.
Hausnotruf in Deutschland
Konzipiert und entwickelt wurde das Hausnotrufsystem Anfang der 1970er Jahre von Wilhelm Hormann, mit dem Ziel, neue umfassende Strukturen in der ambulanten und stationären Versorgung und Betreuung Kranker, Alter, Alleinlebender und Behinderter zeitgerecht zu schaffen. Der Begriff Hausnotruf in seiner ursprünglichen Form ist daher umfassender, d. h. einschließlich der Übermittlung biomedizinischer Daten und der sozialen Kommunikation zu sehen, und soll sich nicht nur auf den Seniorenalarm beschränken. Dies wird in dem entsprechenden Forschungsbericht über den Hausnotruf ausführlich dargelegt.
Die technische Umsetzung erfolgte mit Hilfe von AEG-Telefunken Backnang GmbH und wurde im Frühjahr 1980 der internationalen Öffentlichkeit vorgestellt. Der Hausnotruf wurde 1982 mit dem Frankfurter Innovationspreis der deutschen Wirtschaft des Wirtschaftsclubs Rhein Main e. V. in Frankfurt/Main ausgezeichnet. Die Deutsche Telekom und das Deutsche Rote Kreuz haben im Herbst 2012 zur MEDICA eine neue Technologie in einer Uhr eingeführt, die auch außerhalb der Wohnung funktioniert.
Notruf in der Schweiz
Auf dem Schweizer Markt dominieren fünf Gerätearten (stationäres Hausnotruf-Gerät, mobiles Hausnotruf-Gerät, Festnetz-Telefon, Handy und Uhr). Das stationäre Hausnotruf-Gerät zeichnet sich durch eine einfache Bedienung aus, eignet sich jedoch nicht für Menschen, die oft unterwegs sind. Die meisten Geräte funktionieren mit einem Funksender. Dies ist meist ein Knopf, der um das Handgelenk oder den Hals getragen wird. Stürzt die betagte Person, kann sie via Knopfdruck Hilfe anfordern. Je nach Anbieter wählt das Gerät vorprogrammierte Nummern oder verbindet mit einer Notruf-Zentrale.
1983 wurde das Notrufsystem in der Schweiz erstmals durch das Schweizerisches Rotes Kreuz eingesetzt, 20 Geräte boten die Rotkreuzsektionen Zürich und Basel damals an. Seit 1991 wird der Notruf auf nationaler Ebene umgesetzt und weiterentwickelt. 2013 übernimmt das Schweizerische Rote Kreuz Curena und verfügt über eine eigene Notrufzentrale. Auf nationaler Ebene ist das SRK die grösste Notrufsystem-Anbieterin, gefolgt von der Swisscom. Zusätzlich gibt es regionale und kantonale Anbieter wie private Firmen und Nonprofit-Organisationen. Heute gehen Schätzungen davon aus, dass bis zu 50.000 Geräte im Einsatz sind.
Sofern in einer Region mehrere Anbieter existieren, sollten vor Vertragsabschluss Preisvergleiche angestellt werden, die identische und typische Nutzungsverhalten zugrunde legen, da die Anbieter zum Teil recht unterschiedlich kalkulieren.
Grundgebühr
Zunächst können einmalige Gebühren für die Einrichtung der Anlage verlangt werden. Zum Teil sind diese Kosten jedoch in die monatliche Grundgebühr eingerechnet, die für die Gerätemiete und die Bereitschaft zur Anrufannahme und -weiterleitung erhoben werden.
Einsatzkosten
Darüber hinaus können Kosten pro Einsatz (Hausbesuch) anfallen, die die Anfahrt mit Wohnungsschlüssel und Hilfeleistungen (beispielsweise beim Aufstehen und einen eventuellen Transport in die Arztpraxis) o. Ä. umfassen. Diese Kosten unterscheiden sich je nach Qualifikation des einzusetzenden Personals, seiner Fahrzeuge, Anfahrtsdauer und der Kostenstruktur des Anbieters. Mitunter sind die Einsatzkosten auch pauschal in der Grundgebühr enthalten.
Des Weiteren fallen die Telefonkosten zum Callcenter an (bei Notrufen, aber auch beim Betätigen der Passivtaste sowie durch automatisch aufgebaute Verbindungen wie tägliche Verbindungstests, etc.).
Kostenersatz
Wenn durch diese Anlage Krankenhausaufenthalt vermieden werden kann und der Verbleib in der gewohnten Umgebung gesichert wird, können sich Krankenversicherungen an den Kosten beteiligen. Da der Hausnotruf ein anerkanntes Hilfsmittel für Pflegebedürftige darstellt, ist es möglich, dass die Pflegeversicherung bzw. das Sozialamt die Kosten übernimmt.
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