Höhe der Steuer für den Gewinn aus dem Verkauf einer Eigentumswohnung
Wenn man das Grundstück vor der Veräußerung auf eine Kind überträgt, kann man zwar die Steuerpflichtig des Veräußerungsgewinns nicht verhindern. Der Gewinn wird jedoch dem Kind zugerechnet und
unterliegt deshalb nur dem für das Kind geltenden Steuersatz. Die Vorschrift über den Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten greift nicht ein.
Manchmal lässt es sich nicht vermeiden, dass der Gewinn aus dem Verkauf der Wohnung einkommensteuerpflichtig ist: Die Spekulationsfrist von 10 Jahren ist noch nicht abgelaufen, und die Wohnung
wurde in den letzten drei Jahren auch nicht von dem Eigentümer zu eigenen Wohnzwecken genutzt, sondern war vermietet. Da der Mieter ausgezogen ist, lässt sich die Wohnung jetzt zu einem guten
Preis verkaufen. Würde man den Ablauf der Spekulationsfrist abwarten, müsste man die Wohnung wieder vermieten, sodass man wahrscheinlich nur einen geringeren Kaufpreis erzielen kann. Vielleicht
kann man den Verkaufserlös auch gerade jetzt gut gebrauchen.
Wenn sich die Steuerpflicht des Veräußerungsgewinns dem Grunde nach nicht vermeiden lässt, stellt sich die Frage, ob es eine Möglichkeit gibt die Höhe der entstehenden Steuer zu
mindern.
Die Höhe des Gewinns
Die Höhe des Gewinns kann man nicht beeinfluss, da diese im Gesetz geregelt ist. Von dem Veräußerungserlös sind die Anschaffungskosten abzuziehen. Dabei handelt es sich um den damaligen Kaufpreis
zuzüglich der Anschaffungsnebenkosten wie der Grunderwerbsteuer, der Maklerkosten und der Kosten für die Umschreibung des Eigentums im Grundbuch. Die Finanzierungskosten gehören nicht zu den
Anschaffungsnebenkosten, sondern konnten von den Mieteinnahmen als Werbungskosten abgezogen werden. Nachträgliche Herstellungskosten für die Wohnung, die gem. § 255 Abs. 2 HGB bzw. § 6 Abs. 1 Nr.
1 a EStG nicht als Werbungskosten abgezogen werden konnten, sondern aktiviert werden mussten, sind den Anschaffungskosten hinzuzurechnen und mindern dementsprechend den Veräußerungsgewinn. Dabei
handelt es sich z. B um Aufwendungen für den Einbau eines Fahrstuhls oder den Anbau eines Balkons. Was häufig übersehen wird: die Gebäude-AfA, die Sie während der Vermietung als Werbungskosten
abgezogen haben, sind dem Veräußerungsgewinn wieder hinzuzurechnen. Im Ergebnis entspricht der auf diese Weise ermittelte Gewinn demjenigen, der sich ergeben würde, wenn die Wohnung zu einem
Betriebsvermögen gehört hätte. Kosten für die Vermarktung der Immobilie wie er etwa für Inserate oder den Makler können als Werbungskosten von dem Veräußerungsgewinn abgezogen werden
(Transaktionskosten).
Der Steuersatz
Einen begünstigten Steuersatz sieht das Gesetz für den Veräußerungsgewinn nicht vor. Der Gewinn ist vielmehr mit dem normalen, „tariflichen“ Steuersatz zu versteuern. Denn der Gewinn aus der
Veräußerung der Wohnung wird einfach den übrigen Einkünften (mit Ausnahme der Einkünfte aus Kapitalvermögen, die dem Abgeltungsteuersatz von 25 Prozent unterliegen) hinzugerechnet und bildet mit
diesen zusammen die „Summe der Einkünfte“. Nach Abzug weiterer „privater“ Ausgaben ergibt sich der Gesamtbetrag der Einkünfte, der mit dem sich aus der Steuertabelle ergebenden „tariflichen“
Steuersatz versteuert wird. Da der Steuersatz progressiv ist und mit zunehmender Höhe des Gesamtbetrags der Einkünfte steigt, erhöht sich durch den Veräußerungsgewinn auch der Steuersatz für die
übrigen „normalen“ Einkünfte. Wenn der Eigentümer bereits aufgrund seiner übrigen Einkünften einem hohen Steuersatz unterliegt, wird auch der Veräußerungsgewinn hoch besteuert.
Verlagerung des Veräußerungsgewinns
Um den Tücken des progressiven Steuersatzes zu entkommen, ist ein Eigentümer auf eine schlaue Idee gekommen. Kurz vor der Veräußerung der Wohnung schenkte er diese je zur Hälfte seinem Sohn und
seiner Tochter. Diese verkauften die Wohnung anschließend an den Kaufinteressenten zu dem Preis, den dieser mit ihrem Vater ausgehandelt hatte.
Die Entstehung eines steuerpflichtigen Veräußerungsgewinns konnte dadurch zwar nicht vermieden werden, der Gewinn wurde dadurch aber auf die Kinder verlagert und unterlag nur dem für sie
geltenden Steuersatz. Die Vorschrift des § 23 EStG über die Steuerpflicht eines sog. Spekulationsgewinns greift ein, wenn der der Verkäufe das Grundstück innerhalb der letzten 10 Jahre gekauft
hat, in der Sprache des Steuerrechts: wenn er es angeschafft hat. Um zu verhindern, dass die Steuerpflicht des Veräußerungsgewinns umgangen wird, indem der Eigentümer das Grundstück vor der
Veräußerung an einen anderen verschenkt, hat der Gesetzgeber in § 23 Abs. 1 Satz 3EStG geregelt, dass bei einer Schenkung dem Beschenkten die Anschaffung des Grundstücks durch den Schenker
zuzurechnen ist. Dies gilt sowohl für den Zeitpunkt der Anschaffung als auch für die Höhe der Anschaffungskosten. Die Kinder werden also so behandelt, als hätten sie selbst das Grundstück zu dem
Zeitpunkt erworben, in dem es von ihrem Vater gekauft worden ist. Aufgrund der vorherigen Schenkung ist der Veräußerungsgewinn jedoch nicht in der Person des Vaters, sondern bei den Kinder
entstanden. Da die Kinder kaum andere Einkünfte erzielt haben, unterlag der Gewinn bei ihnen nur einem niedrigen Steuersatz und erhöhte bei dem Vater nicht den Steuersatz für seine übrigen
Einkünfte.
Das Finanzamt war der Meinung, die Gestaltung stelle einen Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten i.S. des § 42 AO dar, und versteuerte den Veräußerungsgewinn bei dem Vater. Das Finanzgericht
folgte dem Finanzamt. Der Vater legte jedoch Revision ein und bekam vom Bundesfinanzhof recht (BFH, Urt. v. 23.4.2021, IX R (8/20). Nach Ansicht des BFH kann § 42 AO in derartigen Fällen nicht
angewendet werden, weil die Regelung in § 23 Abs. 1 Satz 3 EStG bereits eine spezielle Vorschrift zur Verhinderung von Steuerumgehungen ist, sodass daneben gem. § 42 Abs. 1 Satz 2 AO die
allgemeine Missbrauchsregelung des § 42 AO nicht angewendet werden darf. Vor Einführung der § 23 Abs. 1 Satz 3 EStG waren die Voraussetzungen des § 23 EStG nicht erfüllt, wenn der Verkäufer des
Grundstücks dieses nicht gekauft, sondern durch eine Schenkung oder Erbschaft unentgeltlich erworben hatte. Fälle, in denen das Grundstück von dem Veräußerer kurz vorher unentgeltlich erworben
wurden, hat die Rechtsprechung als Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeit behandelt. Diese Rechtsprechung ist mit dem § 23 Abs 1 Satz 3 EStG in das Gesetz übernommen worden. Gem. § 42 Abs. 1 Satz
2 AO bestimmt sich die Rechtsfolge daher ausschließlich nach der speziellen Missbrauchsregelung des § 23 Abs. 1 Satz 3 EStG, sodass daneben eine Anwendung der allgemeinen Regelung des § 42 AO
nicht möglich ist.
Bei entsprechenden Gestaltungen muss man natürlich die übrigen Steuerarten im Auge behalten. Soweit die Freibeträge überschritten werden, fällt Schenkungsteuer an. Grunderwerbsteuer entsteht bei
einer Schenkung dagegen gem. § 3 Nr. 2 GrEStG nicht, auch wenn es sich bei dem Beschenkten nicht um einen Verwandten in gerader Linie handelt. Dies gilt auch dann, wenn im konkreten Fall keine
Schenkungssteuer zu zahlen ist, weil die Freibeträge nicht überschritten werden.
Wichtig ist, dass man die wirtschaftlichen Folgen der Schenkung auch tatsächlich eintreten lässt. Wenn die Kinder den Verkaufserlös in irgendeiner Form wieder auf den Schenker zurückübertragen
müssen, ist die Gestaltung m.E. trotz der Sperrwirkung des § 42 Abs. 1 Satz 2 AO nach den allgemeinen steuerlichen Grundsätzen nicht anzuerkennen.